20/07/2025

Burka vs. FKK

Am letzten Wochenende verbrachte ich berufsbedingt ein Wochenende im Süden von Berlin. Dort in der Nähe befindet sich ein kleiner Natursee und das Wetter lud zum Baden ein. Der Tonsee, in der Nähe von Bestensee, liegt idyllisch in ein Waldstück eingebettet und an seinem Ufer befindet sich ein Campingplatz, dessen Name schon sagt, worum es hier vorrangig geht: FKK Naturcamping Tonsee. Das Wetter war herrlich, das Wasser klar und frisch, sandiger Boden wie am Meer, die Menschen zwar zahlreich, aber entspannt und angenehm. Das nudistische Freizeitvergnügen subsummiert an diesem schönen Ort alle Sorten von Menschen. Hier trifft man vom Kleinkind, das gerade im Wasser planschen kann, bis zu nicht mehr ganz so rüstigen Senioren alles an, was man so in die Spezies Mensch einordnen könnte. Natürlich auch viele Familien, pubertierende Jugendliche, Schlanke, Normale und Dicke, hübsche und auch weniger hübsche Menschen, Kinder mit dunkler Haut, dazwischen auch eine Asiatin und natürlich auch die eine Dame mit zwei Fußbällen auf der Brust, die auch noch mit einem derartigen Hohlkreuz zur Schau gestellt werden, dass man meinen könnte sie klappt gleich zusammen wie ein schweizer Armeemesser. Alle wie Gott sie schuf, wie man so schön sagt, also FKK ohne Bekleidung. In der Ansammlung nackter Menschen fanden sich auch zwei schwule Männer, von denen der eine sich einen ordentlichen Joint gönnte und bei genauerem schweifen des Blickes findet man auch lesbische Pärchen. Ein paar Meter entfernt lässt sich ein Biker-Pärchen mit großflächigen Tätowierungen auf der Haut nieder. Ältere Damen sprechen miteinander, Kinder spielen im Wasser und ein etwas vorlautes Kleinkind resümiert vernehmlich, dass wohl alle Männer hier Pullermännerund alle Frauen Pullerschneckis haben, worüber sich das Umfeld sichtlich amüsiert.

Kurzum, man hat das Gefühl, hier ist die Welt in Ordnung, die Menschen können sich trotz ihrer Unterschiedlichkeit gut leiden und es gibt keinen Grund daran etwas zu ändern. Vielleicht liegt das auch daran, dass sich die Badegäste in der Natur und so ganz ohne Kleider frei und unbekümmert fühlen können und das auch zu schätzen wissen. Das Anderssein des Anderen wird toleriert in dem Wissen, dass man mit seinem eigenen Anderssein ebenso toleriert wird. Und natürlich hat Nacktheit auch etwas Ausgleichendes, denn hier liegt der Manager neben dem Arbeitslosen und die Hausfrau neben der Beamtin und egal ob Reich oder Arm, dass interessiert gerade mal niemanden. Man erfreut sich an der Vielfalt des Menschseins, an der vielen nackten Haut, an einer natürlichen, völlig unaufdringlichen Erotik, am Wind im raschelnden Laub der Bäume, am kühlen Nass des Sees. Die Welt ist in Ordnung…

Da wir diesen See in Deutschland finden wird es niemanden wundern, dass hier natürlich auch strenge Regeln herrschen. Für diese Zwecke gibt es eine unmissverständliche Platzordnung, welche auch großflächig am eingang ausgehängt ist, und natürlich einen Platzwart, der leicht vernehmlich als Wachhund bezeichnet wird und offenbar mal mehr, mal weniger vehement klar macht, dass es sich hier um ein FKK-Gelände handelt. Mit seinen Worten; Wer die Regeln hier nicht akzeptiert, kann ja wieder gehen. Es fällt auf, dass einige dieser Leute dann ihre Badebekleidung ablegen und sich in die FKK-Gemeinde, Achtung Wortspiel, nahtlos einfügen.

Allerdings gibt es auch jene die das nicht akzeptieren wollen. Die dann auch noch lautstark zu diskutieren, beginnen und dem Wachhund übles nachreden. Überrascht hat mich ein Paar dessen Herkunft in diesem Moment keine Rolle spielt, aber die Dame war in eine Burka gehüllt und der Wachhund hat dies sehr diplomatisch als „Nicht der Situation und dem Umfeld angemessen“ tituliert. Ich war nicht weit weg vom Geschehen und konnte hören, wie der Ehemann, der besagten Burka Trägerin, verneinte, und dem Wachhund erklärte das er selbst sich ja ausziehen würde, nur wäre das seiner Frau aus religiösen Gründen nicht möglich. Auch diese Argumentation, wenn mag es wundern, hat den Wachhund nicht überzeugt. Das Pärchen suchte kopfschüttelnd und anderssprachlich murmelnd das Weite.

Wenn man nun im Netz sucht, findet man aber vor allem die Vertreter jener Gattung der immerfort Beleidigten, die das als Zumutung empfinden und sich lauthals beschweren. Wie kann es sein, dass sie gerade hier nicht textil baden können? Kommentare in diversen Internetforen zeigen, dass man dann schnell ausfällig wird und sich wuterfüllt äußert. Eigentlich ist die Aufregung schwer verständlich, denn natürlich gibt es nicht wenige Naturseen, an denen man auch bekleidet baden kann, bzw. muss. Was man dabei allerdings nicht beachtet, ist die Tatsache, dass man es wohl zunehmend mit einer Sorte verhätschelter Typen mit labilem psychischem Gewand zu tun hat, die nicht verkraften können, dass allgemeine Regeln, Werte und Gegebenheiten nicht ständig an ihre persönlichen Befindlichkeiten angepasst werden. Und wenn dies nicht geschieht und die Mehrheit eher die umgekehrte Anpassung voraussetzt oder gar einfordert, dann ist das Geschrei groß, man könnte auch Aufschrei dazu sagen. Man fühlt sich diskriminiert, ausgegrenzt, als eine benachteiligte Minderheit, deren berechtigte Interessen von der Mehrheit nicht wahrgenommen, akzeptiert und sofort umgesetzt werden. Beleidigtsein ist en vogue, Empört sein erst recht. Die sozialen Netzwerke sind voll von diesen wenig angenehmen Zeitgenossen, oder wegen mir auch Zeitgenossinnen.

Die psychische Verfassung der ewig Diskriminierten erinnert mich an Kleinkinder in einem erwachsenen Körper. Man stampft mit dem Fuß auf und wenn man „Es“ nicht bekommt, bricht man in Tränen und Wutanfälle aus. Diese merkwürdige charakterliche Schwäche scheint sich mittlerweile wie eine Seuche auszubreiten, gar einer Pandemie gleich. Man trifft sie bei Netzfeministinnen, politischen Aktivisten, Vertretern diverser Minderheiten, auch wenn sie dieser nicht mal angehören, und Randgruppen genauso an wie bei Veganern, Klimaschützern, Öko-Tussen, Reformpädagogen, religiösen Fanatikern und Pseudo-Gender-Wissenschaftlern, bishin zu meiner Lieblingsgruppe, den Alles-Leugnern. Ganz perfide wird es dann, wenn man die eigene „Nervigkeit“ sogar reflektiert und bewusst einsetzt, sprich provoziert. Das eigene Auftreten wird dann zu einer ständigen Provokation der Umgebung und sobald man die nötige Ablehnung hervorgerufen hat, hat man auch den Beweis des eigenen „Diskriminiertseins“ und der Teufelskreislauf beginnt von vorn.

Am See hatte ich genug Zeit darüber nachzudenken, dass ein erheblicher Teil der gegenwärtigen Probleme in unserer Gesellschaft damit einhergeht. Auch könnte man eine bestimmte Art von Einwanderern und ihrer Religion auch unter diesem Blickwinkel betrachten. Natürlich gab es am Tonsee keine erkennbaren Muslime, Budhisten, Christen, Mormonen, Treckis oder welchem Glauben auch immer, erst recht keine Burkas oder Burkinis. Dennoch gibt es derzeit Versuche, z.B. in Frankreich, Menschen aus diesem uns zum Teil sehr fremden Kulturkreis von der Badekultur an westlichen Stränden auszuschließen. Dies wird, der allgemeinen politischen Korrektheit geschuldet, natürlich medial heftig kritisiert, weil es angeblich diskriminierend ist. Aber ist es das wirklich? Ist es nicht eher wie bei den dickköpfigen Textilbadern am Tonsee, die nicht einsehen wollen, dass sie hier einfach fehl am Platz sind? Vor allem, und mit allem Recht der Welt, in einer Burka? Nicht weil sie böse wären, oder man sie nicht mag, oder sie diskriminieren will, sondern weil die geltenden Regeln über einen großen Zeitraum hinweg zu einem harmonischen Gleichgewicht der Interessen geführt haben und man die Störung dieses Gleichgewichts nicht tolerieren möchte, und ja, auch keineswegs tolerieren muss. Die Ablehnung, die oft Burka- und Burkiniträgerinnen (Träger nehmen wir hier einfach mal nicht an) entgegenschlägt, ist keine Folge eines teuflischen Rassismus, der andere nicht so sein lassen kann, wie sie sind. Sie ist wohl eher eine völlig natürliche Reaktion auf die Störung eines als gut und richtig empfundenen Wertegleichgewichts, erst recht, wenn diese Störung bewusst als Provokation eingesetzt wird, um die Überlegenheit der wahren Religion und des vermeintlich einzigen Gottes gegenüber den andersgläubigen zu demonstrieren. Das zumindest an diesem Beispiel am Tonsee.

Diese Erkenntnis mag nicht überraschend sein, aber sie führt zu einer gewissen Entspannung. Der Wachhund ist kein Rassist, nur weil er keine Textil Bader am FKK-Strand duldet, oder weil er etwas gegen Burka-Trägerinnen hat. Die Deutschen, gerade im östlichen Teil, mit ihrer freizügigen Körperkultur sind keine Rassisten oder Nazis, nur weil wie auch immer Verhüllte, die völlig übersexualisiert mit ihren Körpern ein Problem haben, meinen, sie müssten diese Freiheit jetzt in Frage stellen oder gar aggressiv herausfordern. Nein, der Wachhund setzt geltende, und erwünschte, Regeln durch, damit die, welche diese Regeln akzeptieren, auch entspannt mit gleichgesinnten sein können. Das finde ich ganz und gar nicht überraschend und vor allem nicht falsch. Es mag auch nicht verwundern das dies nicht nur für FKK-Gelände gilt.

Es mag Menschen geben, die das als Intoleranz ansehen. Ich würde eher sagen, es ist eine gesunde Abwehr gegenüber einer Gefährdung des gesellschaftlichen Konsenses, der sich über eine sehr lange Zeit hinweg herausgebildet hat. Oder weniger allgemein ausgedrückt: Hier werden bewusst oder unbewusst die säkularen Freiheiten verteidigt, die über viele Jahrhunderte mit Blut und Tränen erkämpft werden mussten, hoch zu Roß und des Krieges Hunde entfesselt….., aber ich schweife ab.

Es gibt keinen Grund, diesen Konsens, den die allermeisten Menschen so und nicht anders haben wollen, über Bord zu werfen, nur weil jemand, der damit nicht klarkommt oder kommen will, meint seinen Willen der Mehrheit überstülpen zu müssen. Abgesehen davon, um wieder aufs Baden zurückzukommen, gibt auf diesem wunderschönen Planeten haufenweise Strände, Seen und Buchten, an denen Kleidung, Burkas und Burkinis die Norm darstellen, oder die Norm nicht sprengen. Jeder, der meint, seiner Religion dieses Opfer bringen zu müssen, kann dort baden. Ich komme auch nicht auf den Gedanken, am Roten Meer unter Muslimen nackt baden zu wollen. Das wäre zum einen nicht korrekt und zum anderen meiner Gesundheit mit Sicherheit nicht zuträglich. Des Weiteren, und das darf man schließlich auch nicht vergessen, gibt es jederzeit die Möglichkeit, sich in verschiedenen Abstufungen an den gesellschaftlichen Konsens derjenigen, unter denen man leben will, anzupassen. Das ist wohl das, was man gemeinhin unter Integration versteht. Aber auch das, kann jeder für sich selbst entscheiden, und Achtung: In Deutschland darf man das sogar.

LINK: Der Tonsee auf Google Maps